„Es gab eine Zeit, da fiel es mir schwer mir vorzustellen, wie es mit der Wohngruppe weitergeht“

(MN) Interview mit Britta Siegert, Fachbereichsleitung Soziales und Nadine Hose, Koordination stationäre Jugendhilfe bei der interaktiv gemeinnützigen Gesellschaft für Schule, Sport und Soziales mbH.

Hallo Britta, du bist Leiterin der Wohngruppe Oststraße in Velbert. Wie ist es dazu gekommen?

Britta Siegert: Besonders wichtig war es mir schon immer, alle beteiligten Seiten meines Berufs kennen zu lernen. Nachdem ich mein Studium der Erziehungswissenschaften erfolgreich absolviert habe, ging ich in den Wohngruppenbetreuungsdienst, habe in der Verselbstständigung und schließlich beim Jugendamt in Neuss auf der Auftraggeberseite gearbeitet. Jetzt bei interaktiv als Einrichtungs- und Fachbereichsleitung im Bereich Soziales stehe ich auf der Trägerseite in enger Zusammenarbeit und Kooperation mit Jugendämtern.

Wie sehen denn deine Aufgaben dort aus?

BS: Der Fachbereich Soziales besteht aus dem Autismusbereich, der ambulanten Jugendhilfe, der Schulassistenz sowie der stationären Jugendhilfe. Als ich anfing, war einer der größten Punkte in der Wohngruppe die Weiterentwicklung.

  Warum wohnen die Kinder und Jugendlichen in der Wohngruppe?

BS: Oftmals stammen die Kinder aus schwierigen oder unzumutbaren Familienverhältnissen. Zum Beispiel können psychische Erkrankungen der Eltern eine Rolle spielen, Überforderung in der Erziehung im Allgemeinen bis hin zu häuslicher Gewalt, sodass das Jugendamt einschreiten muss. Unserer Erfahrung nach wollen die meisten Eltern sich kümmern, sind aber leider nicht immer dazu in der Lage.

Was begeistert dich an deinem Beruf?

BS: Ich habe selber einige Zeit in einer Wohngruppe gelebt und kann mich daher sehr gut mit den Bewohner*innen identifizieren. Ich möchte gerne etwas zum Positiven verändern. Es mag vielleicht kitschig klingen, aber ich denke, selbst wenn du nur einen retten kannst, hat es sich gelohnt. Das gibt mir Kraft und Motivation täglich mein Bestes zu geben und für Kinder und Jugendliche da zu sein, die Hilfe und Unterstützung benötigen. Selbst wenn das heißt, selber zurück zu stecken.

Was genau meinst du mit „selber zurück zu stecken“ – hast du so eine Situation schon einmal erlebt?

BS: Allerdings. Die Umstände waren sehr herausfordernd für mein Team und mich. Seit Juli 2021 übernahm ich die Einrichtungsleitung zusätzlich zu meinem regulären Vollzeitjob als Fachbereichsleitung Soziales. Leider ist der Fachkräftemangel und damit auch die Unterbesetzung in der Wohngruppe ein sehr großes Thema gewesen. Daher war ich umso dankbarer, dass meine Kollegin Nadine Hose im Mai 2022 dazu kam, um uns als Wohngruppenleitung zu unterstützen.

Nadine, erzähl uns doch kurz etwas über dich und über deinen Start bei interaktiv.

Nadine Hose: Ich bin seit Mai 2022 bei interaktiv tätig. Ich habe zuvor im Beutreuungsdienst und siebeneinhalb Jahre in der OGS, davon drei Jahre als Leiterin gearbeitet. Mein Wechsel zu Interaktiv war damit begründet, dass ich näher am Kind arbeiten und Erfahrungen in der Jugendhilfe sammeln wollte. Da Britta Unterstützung in der Wohngruppe benötigte, bot sie mir die Stelle als Wohngruppenleitung aufgeteilt in die Bereiche Leitung und pädagogischer Dienst an.

BS: Nadine hat einfach super ins Team gepasst, daher war es uns wichtig auf ihre individuellen Bedürfnisse als zukünftige Mitarbeiterin einzugehen. Durch die Anpassung der Stelle konnten wir somit ihrem Wunsch aktiv mit den Kindern und Jugendlichen zusammen zu arbeiten nachkommen.

NH: Trotz dieses tollen Angebots habe ich erst einmal gezögert, da die Stelle mit viel Verantwortung verbunden war. Trotzdem habe ich meine damalige sichere Stelle verlassen, um dem Ganzen eine Chance zu geben und vielleicht ein Teil der Veränderung und Weiterentwicklung zu sein.

Was waren denn die größten Schwierigkeiten, die eine Veränderung benötigten?

NH: Wie bereits erwähnt, waren wir besonders im letzten Jahr von starkem Personal- und Fachkräftemangel betroffen. Obwohl die Stellen dauerhaft ausgeschrieben waren, waren wir chronisch unterbesetzt und hatten zudem auch noch besonders aufmerksamkeitsintensive Kinder und Jugendliche in der Wohngruppe. Es war eine Zeit, die mit vielen Überstunden verbunden war. Durch die gemeinsame Verantwortung, die es zu bewältigen gab, wuchs unser Team stärker denn je zusammen.

Das klingt alles ganz schön herausfordernd. Wie ging es dann weiter?

BS: Es gab eine Zeit, da fiel es mir schwer mir vorzustellen, wie es mit der Wohngruppe weiter geht. Der Wendepunkt kam, als wir den Zusammenhalt unseres Interaktiv Campus in Ratingen spüren durften. Um den Kindern ihre erste Ferienfreizeit in den Sommerferien im Saarland zu ermöglichen, packte jeder mit an, um uns den Rücken frei zu halten. Die Immobilie und der dazugehörige Garten wurde durch unsere Mitarbeiter*innen der verschiedenen Fachbereiche, unseren Handballverein und den Kindern verschönert.
Der Fachbereich Schule sorgte dafür, dass Kinder, die auf Grund von äußeren Faktoren leider nicht mitfahren konnten, in ihren Betreuungsprogrammen eingebunden wurden. Das alles war keine Selbstverständlichkeit und hat uns gezeigt: Zusammen sind wir stark. Im September kamen dann auch neue Mitarbeiter*innen hinzu, die uns in unserer Wohngruppe auch nachhaltig und langfristig stärken sollten.

NH: Ja, es war wirklich ein Wunder, wie sich das Blatt gewendet hat. Ich habe in diesen vier bis fünf Monaten die geballte Erfahrung im pädagogischen Dienst eines Jahres gemacht. Mir war es trotzdem die ganze Zeit wichtig, den Kindern ein warmes, sicheres zu Hause zu bieten und sicher zu stellen, dass es ihnen gut geht. Dafür brenne ich in der Jugendhilfe und das hat sich auch durch die Krise nicht verändert.

BS: Ich glaube, es ist dadurch sogar noch mehr geworden.

Wie würdet ihr die Situation heute beschreiben?

BS: Ich bin froh, dass sich alles zum Positiven entwickelt hat. Wir sind eine Einheit, unsere Reputation hat sich verbessert und das Schönste: Unsere Wohngruppe ist fast voll und mit neun Mitarbeiter*innen auch voll besetzt. Die Kinder und Jugendlichen fühlen sich sehr wohl und wir können ihnen ein schönes Zuhause bieten.

Was würdest du anderen Leiter*innen und Betreuer*innen von Wohngruppen mit auf den Weg geben wollen?

BS: Augen auf bei der Berufswahl (beide lachen). Spaß beiseite: Du musst dir der Verantwortung bewusst sein, egal ob als Leitung oder im pädagogischen Dienst.

NH: Nicht aufgeben, sondern durchhalten – denn gemeinsam mit den Kindern sind wir stark. Und: Ein gutes Team ist die Basis.

BS: Ich bin sehr stolz darauf sagen zu können, dass die Liebe im Haus nun dank unseres Teams da ist. Ich bin sehr Stolz auf meine Mitarbeit*innen.

Liebe Britta, liebe Nadine, vielen Dank für das Gespräch.

 

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